Stellschrauben für den Erfolg

Aufgabe von Führung ist es, die Faktoren zur Wirkung zu bringen, die letztlich den Erfolg eines Unternehmens gewährleisten. Es gibt viele Erfolgsfaktoren, die für die Entwicklung und das Bestehen eines Unternehmens entscheidend sind.

Die strategischen Erfolgsfaktoren

Jedes Unternehmen befindet sich im Spannungsfeld vieler Komponenten, wenn es um den Erfolg geht. Da wären die Assets an Grund und Boden, Kapital, Maschinen und Anlagen und Gebäuden. Dazu gehören auch Patente und Marken, Kundenbeziehungen, die Prozesse und Verfahren in Produktion, Logistik und Administration. Beziehungen zwischen Kunden und Lieferanten müssen entwickelt und gepflegt werden. Das Image des Unternehmens muss gefördert und der Marktzugang muss gewährleistet werden. Informationstechnologie und Informationsmanagement sind ebenfalls entscheidend für den Erfolg eines Unternehmens. Nicht zuletzt spielen die Leistungen des Unternehmens, Produkt und/oder Service sowie deren ständige marktgerechte Weiterentwicklung eine entscheidende Rolle.

Alle diese Erfolgsfaktoren bedürfen ständiger Beachtung, Pflege und Entwicklung. Dies wird von Menschen gemacht und es ist entscheidend, ob das Management eines Unternehmens und seine Mitarbeiter über ausreichend Wissen, Lernfähigkeit und Know-how, Innovationsfähigkeit und Motivation verfügen und die Art und Weise ihrer Zusammenarbeit und Organisiertheit den gestellten Anforderungen entsprechen. Man spricht seit einigen Jahren deshalb davon, dass „der Mensch“ der wichtigste Erfolgsfaktor im Unternehmen ist. Die Berechtigung dieser Bewertung ist mittlerweile unbestritten und hat dazu geführt, dass der Entwicklung dieses Erfolgsfaktors besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Die hier aufgezählten Erfolgsfaktoren – und es gäbe sicherlich noch einige zu ergänzen – stehen ständig im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit des Managements. Jede Führungskraft beschäftigt sich in irgendeiner Weise mit diesen Erfolgsfaktoren oder zumindest einigen davon. Sie haben für jedes Unternehmen und seine Entwicklung langfristige Bedeutung, weshalb sie auch als strategische Erfolgsfaktoren bezeichnet werden. In allen Unternehmen konzentriert sich Führungsarbeit auf genau diese Faktoren. Wie erfolgreich das Management dabei ist, entscheidet letztlich über den Erfolg des Unternehmens.

Nun zeigen Analysen, dass in verschiedenen Unternehmen zwar mit vergleichbarem Aufwand und ähnlicher Professionalität an und mit diesen Erfolgsfaktoren gearbeitet wird, die Resultate sich jedoch mitunter beträchtlich unterscheiden. Zwar lassen sich solche Vergleiche zwischen Unternehmen nur schwerlich mit Zahlen statistisch absichern, da allein durch unterschiedliche Marktbedin-gungen jedes Benchmarking verfälscht wird, trotzdem gelingt es in verschiedenen Unternehmen dem Management unterschiedlich gut oder schlecht, die strategischen Erfolgsfaktoren zur Wirkung zu bringen. Woran liegt das?

Den Zugang zur Beantwortung dieser Frage liefern die Sozialwissenschaften, unterstützt durch moderne Aspekte der Systemtheorie. Danach kann man ein Unternehmen als soziales System auffassen, dessen innere Dynamik von äußerst subtilen, nichtsdestoweniger jedoch machtvollen Faktoren getrieben wird. Diese sozio-systemischen Erfolgsfaktoren entscheiden in besonderem Maße darüber, ob das Management und die Mitarbeiter eines Unternehmens in der Lage sind, die strategischen Erfolgsfaktoren zu voller Wirkung zu bringen. Es gilt der Satz: Die sozio-systemischen Erfolgsfaktoren steuern die Wirkung der strategischen Erfolgsfaktoren. Aus diesem Grunde nennen wir die sozio-systemischen Erfolgsfaktoren im Folgenden Steuerungsfaktoren.

Die Steuerungsfaktoren

Mit den Steuerungsfaktoren haben wir die strategischen Erfolgsfaktoren in der Hand. Wenn wir, das Management und die Mitarbeiter, SINN in dem sehen, was wir tun und wofür wir da sind, dann werden wir in völlig anderer Weise engagiert sein. Dies gilt für jeden Einzelnen und potenziert sich in der Gruppe. Wenn VERTRAUEN in das Unternehmen, in die eigene Stärke, in den Erfolg und zwischen den Menschen besteht, dann entsteht Verlässlichkeit und Zusammenarbeit gewinnt eine neue Qualität. Durch OFFENHEIT kann Neues wachsen, sind Anderssein, Dinge in Frage zu stellen und ungewöhnliche Lösungen nicht nur erlaubt, sondern gewünscht. Wenn VERANTWORTUNG zum Bestandteil der Unternehmenskultur entwickelt wird, dann kommt es zur Identifikation mit Aufgaben und Lösungen, es wird gehandelt statt nur geredet.

Die Steuerungsfaktoren wirken auf der so genannten „Hintergrundebene“, wo meist unbewusst festgelegt wird, auf welche Art und Weise Abläufe und Handlungen innerhalb eines Unternehmens, zwischen Mitarbeitern, verschiedener Abteilungen sowie die Interaktionen mit anderen Systemen erfolgen. Man umschreibt diese Wirkmechanismen häufig auch mit dem Begriff „Unternehmenskultur“. Auf dieser Ebene einigt sich die Mehrheit der Betroffenen auf bestimmte Werte und Verhaltensgrundsätze, und zwar ziemlich unabhängig von Vorgaben, Leitlinien und ähnlichem. Dieser „heimliche Konsens“ hat absolut dominierenden Einfluss auf das Geschehen im Unternehmen und bestimmt dadurch letztlich auch über Erfolg und Misserfolg.

Die Arbeit mit den Steuerungsfaktoren ist deshalb die eigentliche Aufgabe von Führungskräften. Neben allem erforderlichen Sachengagement und der gebotenen Aufmerksamkeit im Tagesgeschäft müssen Führungskräfte stets der Steuerungsfaktoren gewahr sein. Dies gilt für Führungskräfte, die dem gesamten Unternehmen oder großen Bereichen vorstehen genauso, wie für Gruppen- oder Projektleiter. Alle müssen sie die gleichen Fragen stellen und sich mit der aktuellen Situation und der Wirkung der Steuerungsfaktoren in ihrem unmittelbaren Verantwortungsbereich beschäftigen. Es ist dies eine kontinuierlich zu bewältigende Aufgabe.

Um den Steuerungsfaktor SINN im eigenen Verantwortungsbereich zu unterstützen, sollte sich jede Führungskraft mit folgenden Fragen beschäftigen:

  • Wie sinnvoll erachtet der Einzelne die ihm über-tragenen Aufgaben?
  • Worin sieht der Einzelne den Sinn der Aufgabe, worin sehe ich als Führungskraft diesen Sinn, gibt es Differenzen?
  • Wie wird Sinn von mir als Führungskraft vermittelt?
  • Ist der Sinn von Dauer oder bedarf es einer ständigen Aktualisierung?
  • Wie und wer kann an der Sinnbestimmung mitwirken?

Der Sinn einer Aufgabe, eines Projekts, der Sinn von Überstunden usw. kann öffentlich bekannt gegeben und so als fertig und nicht diskutierbar vorgesetzt werden. In diesem Falle haben Mitarbeiter häufig nur die Möglichkeit, sich entweder mit der Vorgabe zu identifizieren oder sich ihren eigenen Sinnvorstellungen außerhalb des Unternehmens zu widmen. Das Resultat ist die bekannte Erscheinung der inneren Kündigung, die Möglichkeit, sich entweder mit der Vorgabe zu identifizieren oder sich ihren eigenen Sinnvorstellungen außerhalb des Unternehmens zu widmen. Das Resultat ist die bekannte Erscheinung der inneren Kündigung, die in unterschiedlichem Ausmaße verbreitet vorliegt, ein Zeichen für mangelhafte Arbeit mit dem Steuerungsfaktor SINN. Besser ist, die Mitar-beiter in eine aktive Sinndiskussion einzubeziehen und dies als kontinuierlichen Prozess zu gestalten, der durch die Dynamik und Mitwirkung aller getragen wird.

Es ist für die Motivation von Menschen ungeheuer wichtig, in allem was sie tun ein Stück ihres eigenen Lebenssinnes zu finden. Nur dann hat eine Aufgabe für sie selbst eine Bedeutung.

Bei der Führung eines Unternehmens oder eines größeren Bereichs müssen wir uns stets die Frage vorlegen, wie und auf welche Weise durch die Führungskräfte der unterschiedlichen Ebenen SINN erzeugt und vermittelt wird. Dazu sind formelle und informelle Mitarbeitergespräche geeignet, genauso jedoch Mitarbeiterbefragungen und deren kontinuierliche Auswertung.

Der Steuerungsfaktor OFFENHEIT betrifft nicht nur den Umgang aller Beteiligten miteinander und das Klima im Unternehmen. Auch die Öffnung für Neues, Zulassen von Veränderungen und neugierig zu sein auf Andersartigkeit berührt dieses Thema. In diesem Sinne steht OFFENHEIT in direktem Zusammenhang mit der Innovationsfähigkeit eines Unternehmens.

Folgende Fragen sollten bei der Bearbeitung dieses Themas im Mittelpunkt stehen:

  • Wie offen begegnen sich die Menschen im Unternehmen, werden Erfahrungen ausgetauscht, wird Wissen weiter gegeben, spielen auch private Themen eine Rolle?
  • Wie offen und transparent werden Entscheidungsprozesse geführt, werden Mitarbeiter dabei einbezogen?
  • Wie ist die Bereitschaft für Veränderungen ausgeprägt, welches sind die üblichen Argumentationen auf Vorschläge?
  • Wie werden Impulse der Mitarbeiter aufgenommen und umgesetzt, wer spielt dabei eine treibende, wer eher eine bremsende Rolle und wa-rum?
  • Werden Querdenker und Randgruppen akzeptiert und als Bereicherung empfunden?
  • Steht das Unternehmen in einem offenen Austausch mit Lieferanten, Wettbewerbern? Wie viel Offenheit ist dabei produktiv?

Jeder Mensch liebt die Gewohnheit, sie gibt Sicherheit und Geborgenheit. Eine Veränderung zieht oftmals viele weitere Veränderungen mit sich. Warum sich also öffnen für andere und vor allem für das unbekannte Neue? Die Offenheit des Einzelnen gegenüber seiner Umwelt und deren Entwicklung ist die Grundlage für die Veränderungsfähigkeit des ganzen Unternehmens. Umgekehrt beeinflussen die Offenheit der Kultur des Unternehmens, die Flexibilität oder Starrheit seiner Strukturen und Prozesse und die Beweglichkeit des Denkens seiner Führungskräfte die Offenheit der Mitarbeiter.

Ohne Offenheit gibt es keine Dynamik, gibt es keine Innovationen und neue Impulse finden keinen Einlass. Erst mit neuen Ideen, An- und Einsichten können Lösungen für neue Probleme oder Situationen gefunden werden.

Es geht natürlich nicht Offenheit um jeden Preis, denn wer zu offen ist, ist bekanntlich nicht ganz dicht. Bestimmte Entscheidungsprozesse verlangen nun mal bis zu einem bestimmten Zeitpunkt Vertraulichkeit. Das rechte Maß zu finden ist bei diesem Steuerungsfaktor entscheidend wichtig.

Der Steuerungsfaktor VERTRAUEN steht in engem Verhältnis zu OFFENHEIT, ist schlechterdings eine Voraussetzung dafür. In kritischen Situationen zeigt sich, ob genügend Vertrauen in das Unternehmen, in seine Führung, in den Erfolg der eigenen Bemühungen und gegenüber seinen Mitarbeitern vorhanden ist. Vertrauen muss man in guten Zeiten entwickeln, damit man sich in schlechten Zeiten darauf stützen kann.

Vertrauen darf nicht zur Vertrauensseligkeit führen. Das Thema steht in Zusammenhang mit Kontrolle und es gilt, die rechte Balance zu finden zwischen Vertrauen und Kontrolle. Mangel an Vertrauen führt häufig zu einem Übermaß an Kontrolle, wodurch Prozesse verlangsamt und verteuert werden. Es schwindet dadurch auch oft die Aufmerksamkeit der Mitarbeiter und damit Engagement und Verantwortlichkeit.

Der Gegenpol zu Vertrauen ist Angst. Ein bisschen Angst, im Sinne von Respekt, ist gut, zu viel Angst lähmt jede Aktivität und ist kontraproduktiv.

Folgende Fragen können bei dem Umgang mit dem Steuerungsfaktor VERTRAUEN hilfreich sein:

  • Ist ein eher vertrauensvolles oder ängstliches Verhalten bestimmend im Unternehmen?
  • Welche Personen genießen Vertrauensvorschuss und warum?
  • Wo liegen Gründe für Vertrauensdefizite? Wie präsent sind Kontrollsysteme, wie wirken sie und wie gehen die Verantwortlichen damit um?
  • Wie viel Bürokratie haben wir? Wo haben wir sie aufgebaut, um Sicherheit zu gewinnen? Wie können wir sie abbauen, ohne Sicherheit zu verlieren?
  • Lässt die Unternehmenskultur zu, dass Ängste und Fehler von Mitarbeitern eingestanden werden und im offenen Umgang bearbeitet werden?

Selbstbewusste Mitarbeiter, die ihren eigenen Fähigkeiten und den Fähigkeiten anderer Mitarbeitern vertrauen, Vorgesetzte, die vertrauensvoll Arbeiten abgeben und Vollmachten einräumen, dies wären die Idealbesetzungen für die verschiedenen Rollen im Unternehmen. Die entscheidende Frage lautet jedoch: Können, ja dürfen wir so sein? Dies muss permanent auf dem Prüfstand stehen.

VERANTWORTUNG als Steuerungsfaktor gewinnt immer dort an Bedeutung, wo es um das konkrete Arbeiten geht. Und genau an diesen Stellen wird Verantwortung von einem zum anderen geschoben, wird um Verantwortung gestritten oder wird Verantwortung verdrängt.

Für die aktive Auseinandersetzung mit diesem Thema sind folgende Fragen hilfreich:
Ist die Arbeit im Unternehmen verteilt und wie ist sie verteilt?

  • Werden Festlegungen ernst genommen und erfüllt?
  • Wie steht es mit der Pünktlichkeit? Werden getroffene Festlegungen protokolliert, eingehalten und kontrolliert?
  • Wie verbindlich werden Absprachen und Vereinbarungen zwischen Führungskräften und Mitarbeitern getroffen? Wie werden sie eingehalten?
  • Wie ist der Umgang mit Misserfolgen und Fehlern?
  • Wie gründlich sind wir auf Besprechungen vorbereitet?
  • Wie wird Verantwortung für die Umwelt und für Benachteiligte übernommen?
  • Wie aufrichtig ist das Unternehmen gegenüber dem Gesetz und dem Finanzamt?

Bei dem Thema VERANTWORTUNG wird der Zusammenhang zur Leistung und damit zur Existenzsicherung des Unternehmens deutlich. Die anfallenden Arbeiten müssen den verschiedenen Verantwortungsebenen entsprechend zugeteilt werden und gleichzeitig Festlegungen getroffen werden, wie und bis wann diese erledigt sein können. Auch wenn jeder glaubt, sich vor Verantwortung drücken zu können, so werden wir von ihr immer wieder eingeholt. Wenn ich heute die Verantwortung für die Erledigung eines Auftrags nicht übernehme, dann muss ich morgen die Verantwortung für den entgangenen Umsatz, den verlorenen Kunden oder die Kritik an meiner Arbeitseinstellung übernehmen. Wir sind immer verantwortlich für unser Tun, für unser Nichttun und für die Folgen all dessen.

Egal mit welchen Themen wir uns in der Unternehmensführung beschäftigen, die vier Steuerungsfaktoren erweisen sich immer wieder als die “vier Asse” der Führung. Sie stehen im Mittelpunkt von Führung selbst dann, wenn eine Führungskraft sich darüber nicht im Klaren ist. Ob sie will oder nicht, sie setzt sich mit diesen Faktoren auseinander. Die einen machen das besser, die anderen schlechter. Analysen besonders erfolgreicher Führungskräfte haben deutlich gezeigt, dass sie hervorragend Sinn vermitteln können, persönlich sehr offen für Neues und äußerst kommunikativ sind, bei anderen Menschen ein Gefühl von Vertrauen hervorrufen und stets konsequent ihre Verantwortung wahrnehmen und die Mitarbeiter dazu anhalten.

Führung besteht aus der Kompetenz, die vier Steuerungsfaktoren zur Wirkung zu bringen. Und dafür ist es von Vorteil, sich ihrer bewusst zu sein.