Trainingsplan für Spitzenmannschaften

Die Arbeit in Teams ist zunehmend zu einer entscheidenden Arbeitsform geworden, um die vielfältigen Anforderungen in unserer komplex gewordenen Arbeitswelt zu bewältigen. Für Führungskräfte lautet die Frage: „Wie kann ich mit meinem Team optimale Leistungen erbringen?“

Es ist wichtig, auf diese grundsätzliche Fragestellung hinzuweisen, da oft genug die Funktion von Teams darin gesehen wird, dass deren Mitglieder sich wohl fühlen, ein gutes Arbeitsklima herrscht und gute soziale Bezüge bestehen. Wohlgemerkt, all dies sind sehr positive Dinge, es geht aber primär um Leistung! Da Leistungen meist von einem guten Miteinander abhängen, ist die Beachtung der sozialen Aspekte zweckmäßig. Aber sie stellen nicht das eigentliche Ziel von Teamarbeit dar, sie sind lediglich zielführend. Alle sozialen Interventionen, wie Mitarbeitergespräche, Konfliktmanage-ment, Kritik und Lob, müssen dem Ziel der Leistungssteigerung unterstellt werden.

Was ist ein Team?

Aus einer Gruppe von Menschen, die aus den verschiedensten Gründen zusammen kommen kann und zunächst relativ ungerichtet und unverbindlich in ihren Verhaltensweisen ist, entsteht ein Team, wenn die Gruppe einem gemeinsamen Ziel unterstellt wird. Das wichtigste Merkmal, welches das Team von der Gruppe unterscheidet, ist somit seine Gerichtetheit, seine Zielorientierung.
Bereits an dieser Stelle wird deutlich, dass das Stellen von Zielen und deren klare Kommunikation einen besonderen Stellenwert für den Aufbau von Teams und deren Entwicklung haben. Erst dann kann der Prozess der Teamentwicklung überhaupt beginnen. Je anspruchsvoller eine Zielstellung – natürlich im Rahmen des realistisch Möglichen – desto schneller wird ein Team sich entwickeln. Lässt die Zielanforderung nach, verliert sich die Gerichtetheit des Teams, der gemeinsame Leistungswille geht zurück und das Team wird wieder zur Gruppe.

In der Praxis begegnen wir Situationen, in denen die Mitarbeiter eines Bereichs oder eines Projekts wenig Motivation zur Arbeit zeigen, lange Pausen machen, über Gerüchte und Nebensächlichkeiten diskutieren oder aggressiv sind. In den meisten Fällen liegt das daran, dass Unterforderung besteht. Die Ziele sind zu anspruchslos, nicht klar oder nicht bekannt, Zielerfüllung wird nicht kontrolliert und es dominiert Sinnleere. Interessanterweise treten solche Fälle von Unterforderung häufiger auf als deren Gegenteil. Doch auch Überforderung führt zum Zerfall von Teams.

Wir sehen:
Die Bestimmung, Vorgabe, Kommunikation und Kontrolle von Zielen sind entscheidend für den Zustand und die Leistungsfähigkeit von Teams. Und das ist Führungsaufgabe!!!

Teamentwicklung ist auf die Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Teams gerichtet. Von einem Hochleistungsteam kann man dann sprechen, wenn es sich seiner Ziele ständig bewusst ist, diese ohne Anstöße von außen weiter treibt, seine Entwicklung zu höherer Leistungsfähigkeit und seine Anpassung an veränderte Anforderungen eigenständig forciert und steuert. Dazu benötigt es neben vielen fachlichen und methodischen Fähigkeiten vor allem ein hoch entwickeltes Bewusstsein als Gruppe, einen starken Zusammenhalt und eine kämpferische Disposition zu seiner Umgebung. Man verwendet in diesem Zusammenhang auch den Begriff Empowerment. Dies ist das Ziel langfristiger Teamentwicklung.

Wo setzt Teamentwicklung an?

Um hier weiterzukommen, müssen wir als erstes wissen, wie Teamarbeit abläuft, welches die Merkmale von Teamarbeit sind.

Nur wenn beide Aspekte gleichermaßen Berücksichtigung finden, können optimale Leistungen erbracht werden. Diese Aussage mag simpel erscheinen. Doch die Praxis zeigt anderes! Noch immer konzentrieren sich viele Führungskräfte vor allem auf die Sachebene. Doch kein Team kann optimal seine Aufgaben erfüllen oder Ziele erreichen, wenn zum Beispiel die Kommunikation bei Abstimmungsprozessen nicht klappt oder wenn durch persönliche Präferenzen keine Einigkeit über Vorgehensweisen und Arbeitsmethoden zu erreichen ist oder wenn Einzelne sich mit den Zielen nicht identifizieren können und sich schweigend zurückziehen.

Bei all diesen Beispielen handelt es sich um soziale Themen. Teamentwicklung ist ein sozialer Prozess. Um es etwas plakativ zu sagen: Eine Führungskraft ist gleichermaßen Fachmann und Sozialarbeiter.

Es ist umso verwunderlicher, dass verbreitet immer noch geglaubt wird, dass man als guter Fachmann und sozialer Laie erfolgreich Führungsaufgaben lösen kann. Das mag ab und an zufällig funktionieren. Die Regel ist jedoch, dass gute Fachleute durch Beförderung zur Führungskraft in ihrer Wirkung für das Unternehmen nachlassen, weil sie in einen Job kommen, den sie nicht gelernt haben, für den sie nicht ausgebildet sind und für den sie mitunter noch nicht einmal die erforderlichen Zeitreserven zur Verfügung haben. Sie bemühen sich dann durch Versuch und Irrtum, die nötigen Kompetenzen zu erwerben. Moderne Unternehmen unterstützen dabei aufmerksam. Was jedoch gebraucht würde, ist eine solide Grundausbildung in Social Engineering, wie dieser Kompetenzbereich in der modernen Führungslehre genannt wird.

Der Prozess der Teamentwicklung

Gruppen durchlaufen auf dem Weg zum Team einen Entwicklungsprozess, der deutliche Gesetzmäßigkeiten zeigt. Ohne sorgsame Führung stolpert ein Team mehr oder weniger von einer Phase zur anderen – oder bleibt in einer stecken.

Testphase:

In neuen Situationen/Konstellationen möchten Men-schen vor allem eines: Sich ein Bild über die Situation und die unbekannten Teammitglieder machen. Durch unverbindliche und „ungefährliche“ Gespräche wird sondiert, welche Beziehungsgeflechte vorhanden sind. Die Kommunikation verläuft in dieser Phase vorsichtig, höflich und unverbindlich. Im Hintergrund stehen Fragen wie: Was kann man hier tun/nicht tun? Wie sind die anderen? Komme ich mit denen zurecht? Wie komme ich an?

Vorsicht: In dieser Phase scheint es oft, als würde das Team bereits kooperativ zusammenarbeiten. Doch ist das Verhältnis eher oberflächlich. Ein Wir-Gefühl muss sich erst entwickeln.

Nahkampfphase:

Kennen die Mitglieder sich besser, werden natürlich auch die unterschiedliche Interessen und Einstellungen deutlich; bestimmte Rollen wie beispielsweise „Macher, Mitmacher oder Opponent“ schälen sich heraus. Zwangsläufige Folge: Engere Beziehungen mit den Personen, mit denen man sich gut versteht; Bündnisse, um Interessen durchzudrücken. Auch das Verhalten der Führung wird beobachtet und bewertet – anerkannt oder unterlaufen. Die Kommunikation wird aggressiver.

Im Hintergrund kreisen bei den Teammitgliedern die Gedanken um Machtfragen: Wie viel Einfluss habe ich in dieser Gruppe? Werden meine Beiträge gehört, meine Ideen ernst genommen? Wie kann ich mich am besten durchsetzen? Mit wem sollte ich mich verbünden?

Vorsicht: Konflikte müssen ausgetragen werden! Auch wenn es oft nicht so scheint, die Verniedlichung oder Unterdrückung von Konflikten verlängern Leiden und verhindern Leistungsfähigkeit. Deshalb darf die Führungskraft das Team nicht zu schnell durch diese Phase führen oder gar Konfliktsituationen abwürgen. Das rächt sich später. Hier bilden sich nämlich die Ansätze für die späteren Erfolgsstrukturen, für die „produktive Hackordnung“.

Organisationsphase:

Die Mitglieder entscheiden sich bewusst für das Team und die gemeinsame Arbeit. Das heißt sie sind bereit, neue Verhaltensweisen und Umgangsformen zu erstellen, um mit den Anforderungen und Problemen flexibel und effektiv umgehen zu können. Dazu gehört OFFENHEIT im Sinne von Toleranz: Die „Persönlichkeit/Eigenart“ des anderen wird - immer öfter - akzeptiert.

In dieser Phase sollte die Führungskraft deutliche Aktivität zeigen. Es geht darum, Abläufe und Strukturen zu entwickeln, Verantwortlichkeiten zu definieren, zu delegieren, Kontrollsysteme einzubauen und effektive Formen der Kommunikation auszuprägen. Aufmerksame Führungskräfte nehmen hierzu die Vorschläge ihrer Mitarbeiter auf, setzen eigene Impulse und treiben die Aktivitäten voran.

Vorsicht: Trotz aller Aktivität ist Geduld angesagt! Auch die Organisationsphase braucht Zeit. Toleranz und das Verständnis zwischen den Mitgliedern müssen wachsen; neue Lösungsstrategien müssen geübt werden, um dauerhafte Spielregeln zu begründen und klare Ziele festzusetzen. Es ist im Sinne von Teamarbeit langfristig kontraproduktiv, wenn die Gedanken und Vorschläge der Mitarbeiter einem zu hohen Tempo geopfert werden.

Arbeitsphase:

Das Team zeigt Geschlossenheit. Die Funktionen der Einzelnen sind klar; Meinungen werden offen ausgetauscht. Die Teammitglieder unterstützen sich gegenseitig und sind bereit, sich über das geforderte Maß zu engagieren. Die Gruppe ist und fühlt sich leistungsfähig. Arbeit und Zusammenarbeit machen Spaß!
Hier kann der Schritt zu einem Hochleistungsteam erfolgen. Er ist dann vollzogen, wenn das Team ohne ständige Impulse von außen seine eigene Entwicklung fortsetzt und seine Leistungsfähigkeit aus Eigenmotivation steigert. Dazu gehört, dass das Team die ihm gestellten Ziele von sich aus überbietet, sich neue und anspruchsvollere Ziele sucht, entstehende innere Konflikte selbst löst und diese zur eigenen Weiterentwicklung nutzt.

Vorsicht: Es gibt hier für die Führungskraft zwei Fehlermöglichkeiten, die beide kontraproduktiv sind und die Entwicklung des Teams behindern. Einerseits können Führungskräfte häufig nicht genug loslassen, dirigieren das Team zu eng und lassen ihm keine Entfaltungsmöglichkeiten. Andererseits gibt es die Erscheinung, das Team völlig sich selbst zu überlassen. Angebracht ist stattdessen ein indirekter Führungsstil, dessen besondere Merkmale Ergebnisorientierung, Gleichberechtigung und gegenseitiges Vertrauen sind. Im Mittelpunkt der Kommunikation zwischen Führungskraft und Team stehen Ziele, Verantwortlichkeiten, Rahmenbedingungen und diverse informelle Themen.

Hauptaufgaben der Führungskraft bei der Teamentwicklung

  • Setzen von Zielen: Mit anspruchsvoller und kluger Zielearbeit (Entwicklung, Vorgabe, Kommunikation und Kontrolle) wird Druck ausgeübt, der aus einer Gruppe ein Team und aus diesem ein Hochleistungsteam macht. Ohne Druck entwickelt sich gar nichts, mit zu viel Druck oder Druck in die falsche Richtung entstehen Fehlentwicklungen. Ziele müssen anspruchsvoll, unausweichlich und öffentlich bekannt sein, dann wirken sie am Besten.
  • Führung ausüben: Das bedeutet, für Sinn zu sorgen, für Vertrauen und Offenheit und für Verantwortlichkeit. Dies sind soziale Kategorien und Führung ist eine soziale Interaktion.
  • Kompetenzen entwickeln: Dabei geht es sowohl um die Förderung von Kompetenzen bei einzelnen Personen (eingeschlossen bei der Führungskraft selbst), als auch um die Entwicklung von Wissen und Erfahrung im Team und um die Qualität des Teams!

Die Qualität eines Teams wird von drei Kategorien bestimmt, deren Ausprägungen auch die Einstufung als Gruppe, Team oder Hochleistungsteam ermöglichen.

Sachliche Kompetenzen der Teammitglieder umfassen Fach- und Methodenkompetenz. Fragen, die hier für die Führung wichtig sind:

  • Welche Fachkompetenzen sind beim Einzelnen erforderlich? Sind alle gemäß Anforderung vorhanden? Wie ist der fachspezifische Erfahrungsstand? Wie schnell können Fachkenntnisse zugeführt werden?
  • Sind methodisches Wissen und Erfahrung ausreichend vorhanden? Verfügt das Teammitglied über die erforderlichen Instrumentarien? Wie ist die Anwendungserfahrung? Wie schnell können neue Methoden und Instrumente übernommen werden? Wie ist die Fähigkeit, erforderliche Methoden und Instrumente selbst zu entwickeln?

Es wird deutlich, dass diese Kompetenzen auch dann vorliegen können, wenn das Team noch nicht als solches bezeichnet werden kann, sondern sich eher noch im Zustand einer gerade zusammen gekommenen Gruppe befindet. Die weitere und vor allem zielgerechte Entwicklung dieser Kompetenzen kann jedoch genutzt werden, die Gruppe in Richtung Team voran zu bringen.

Soziale Kompetenzen der Teammitglieder umfassen Interaktionskompetenz und persönliche Eigenschaften. Fragen, die hierzu für die Führung wichtig sind:

  • Wie ist die kommunikative Wirkung des Teammitglieds in der Gruppe? Wie sind Ausstrahlung und Einflussnahme auf andere? Egoismus – Altruismus?
  • Welches sind die hervorstechendsten Persönlichkeitsmerkmale? Welches sind die hauptsächlichen Interessen des Teammitglieds? Stabilitätsmerkmale, Belastbarkeit (emotional + intellektuell)?

Die soziale Kompetenz eines Teams umfasst das Bewusstsein als Gruppe, das Verhalten als Gruppe und das Selbststeuerungvermögen. Fragen, die für die Führung wichtig sind:

  • Gibt es gemeinsame Aufgaben, gemeinsame Bedingungen, gemeinsame Erfolge und Misserfolge, gemeinsame Erinnerungen?
  • Gibt es Verhaltensregeln nach innen und außen, Ordnungsprinzipien (Gruppenethik, Hackordnung), die gemeinsame und bewusste Gestaltung von Verhaltensregeln und Ordnungsprinzipien, gibt es gemeinsame Rituale?
  • Gibt es ein Bewusstsein über gruppendynamische Prozesse, eine bewusste Reflexion von Prozessen, gibt es Selbstverantwortung?

Die soziale Kompetenz eines Teams lässt sich nicht von heute auf morgen aufbauen. Dies ist ein Wachstumsprozess, der nach und nach ein Gruppenbewusstsein herausbildet. Dieses wiederum führt zum Verhalten als Gruppe und letztlich zum Selbststeuerungsvermögen.
Führungskräfte müssen die Entwicklung ihrer Teams ständig im Fokus haben. Ihrer Verantwortung für das gesamte Unternehmen gemäß geht es ihnen um die Herausbildung von Hochleistungsteams. Dies zu erreichen ist ein langwieriger Prozess, der große Sorgfalt und soziale Kompetenz verlangt. Führungskräfte müs-en für seine Gestaltung ihre ganzes Wissen und ihre Erfahrung zur Steuerung von Gruppenprozessen und ihre Innovationsfähigkeit einsetzen. Sie werden letztlich am Erfolg ihres Teams gemessen und somit an ihrer Fähigkeit, aus Gruppen von Menschen Hochleistungsteams zu formen.