Zeitmanagement 2.0 - Lösungsvorschläge zu Problemen, die wir vor 15 Jahren noch nicht hatten

Im Teil 1 zu Zeitmanagement 2.0 wurde die aktuelle Situation in unseren Unternehmen und die Auswirkung der Digitalisierung auf die tägliche Arbeit der Mitarbeiter betrachtet. In diesem Beitrag stehen nun Lösungsvorschläge im Mittelpunkt, wie die Unternehmen die Situation der ungeregelten Digitalisierung besser in den Griff bekommen.

Grundsätzlich ist es ratsam, dass sich ein Bereich/eine Abteilung gemeinsam das Thema vornimmt und "Zeitmanagement 2.0" für sich beispielsweise in einem Workshop konkretisiert. Welche Themen sollen überhaupt angegangen werden und welche Freiräume für Entscheidungen gibt es? Außerdem kann die aktuelle Gefühls-Situation zu der Thematik erhoben werden.

Die folgenden Lösungsideen können z.B. in nachgelagerten Arbeitsgruppen konkretisiert und auf das eigene Umfeld abgestimmt werden. In einem zweiten Workshop werden die Ergebnisse vorgestellt und beschlossen.

Für die E-Mail-Kommunikation gibt es folgende Anregungen:

  • Es muss nicht immer die E-Mail sein. Wir kennen viele Kanäle, um miteinander zu kommunizieren. Die drei gängigsten Kanäle der Kommunikation im Unternehmen (E-Mail, Telefon, Face to Face) müssen richtig genutzt werden. Die E-Mail ist zum Informieren und zum Organisieren geeignet. Die E-Mail ist nicht geeignet, um schnell mal was zu klären, kreative Lösungen zu generieren oder Lob und Kritik an den Mitarbeiter zu bringen.
  • Das Vorschaufenster und der „Beep" beim Eingang einer Mail werden ausgeschaltet. Jeder hat ein persönliches E-Mails Zeitfenster, z.B. 3-mal am Tag. Nur in dieser Zeit werden E-Mails bearbeitet. Das verringert den Zeitverlust durch permanente Störungen.
  • Die Betreffzeile jeder E-Mail muss informativ gestaltet sein. Es müssen für den Empfänger der Mail Datum, Thema und Wichtigkeit verständlich und erkennbar sein. Die Kriterien für die Gestaltung für das, was als wichtig gilt, werden gemeinsam im Workshop festgelegt.
    Eine Betreffzeile könnte demnach lauten: ,,Projekt_Beschaffungskosten C-Teile um 15 % reduzieren_eilt".
    Eine andere Betreffzeile könnte lauten: „Information_Vertragshinweise mit Leiharbeitern_ohne Rückmeldung“.
  • Ein kreativer Tipp ist der Hinweis in den Abwesenheitsassistenten, dass E-Mails auch nach der Rückkehr nicht gelesen werden. Das ist eine wirksame Möglichkeit, um nach einem Urlaub nicht mit mehreren hundert E-Mails konfrontiert zu werden. Der Empfänger der Mitteilung des Abwesenheitsassistenten wird sich eine Alternative überlegen (müssen), wie er mit seinem Anliegen umgeht. Der E-Mail Account ist nach erholsamem Urlaub leer bzw. kann gelöscht werden.

Übersichtliche Ordner- und Dateistrukturen erhält man so:

  • Eine übersichtliche Ordner- und Dateienstruktur ist das Ziel, das erreicht werden soll. Dazu muss manch ein Mitarbeiter verstehen, dass ihm eine solche Investition eine Menge Nutzen bringt. Bisher gab es nur eine Richtung für digitale Ordner- und Dateienstrukturen: Immer mehr Ordner und Dateien. Konsequente Reduktion muss gewollt sein!
  • Sie müssen regelmäßig einmal in jedem Quartal alle Ordner komplett sichten. Das ist beim ersten Mal viel, wird danach dann aber weniger Aufwand. Stellen Sie sich dafür einen halben Tag je Quartal in Ihrem Zeitplansystem ein. Gehen Sie jeden Ordner und jede Datei durch und fragen Sie sich, ob sie am richtigen Platz sind und ob Sie sie noch benötigen. Sortieren Sie um und löschen Sie gegebenenfalls!
  • Wählen Sie in Ihrer Abteilung eindeutige und von allen Beteiligten akzeptierte Ordner- und Dateibezeichnungen. Es darf nicht mehr jeder die Bezeichnung wählen, die ihm gerade passt. Sprechen Sie mit einem Kollegen ab, welche Bezeichnung Sie gemeinsam nutzen wollen. Sie ersparen sich immense Suchzeiten, wen Sie die Zeit für die Vorklärung investieren. Es lohnt sich.
  • Sicherlich gibt es bei Ihnen regelmäßige Sicherungen aller Ordner und Dateien. Legen Sie für sich selbst einen finalen Termin fest, an dem Ihre Ordner und Dateien noch einmal komplett gesichert werden. Den Termin notieren Sie sich, damit Sie im Fall der Fälle wissen, auf welche Datensicherung Sie schauen müssen. Dann gehen Sie hin und löschen konsequent alle Ordner und Dateien, die Sie in einem bestimmten Zeitraum (z.B. die letzten 2 Jahre) nicht mehr angerührt haben. Sehr schnell kann man eine digitale Ablage damit halbieren und findet benötigte Unterlagen viel schneller wieder!

Kenntnisse in der genutzten Software:

  • Es ist wenig hilfreich, wenn in Ihrer Abteilung die größtmögliche Auswahl an Softwaretools verfügbar ist. Mit jeder weiteren Softwarelösung steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ein immer kleiner werdender Teil des Angebotes überhaupt genutzt werden kann. Beschränken Sie Ihre Software auf das Notwendige. Das gilt für das Office-Paket, für SAP, Notes oder ähnliches. Jeder kriegt, was er braucht UND beherrscht.
  • Wenn Sie Aufgaben verteilen, achten Sie darauf, dass der Empfänger professionell mit der benötigten Software umgehen kann. Es ist ein großer Zeitfresser, wenn jemand eine Präsentation erstellen soll („mal eben"), der kein Power Point beherrscht. Oder wenn jemand eine Auswertung machen soll, der sich in Excel nicht auskennt.
  • Benennen Sie für jede benutzte Software in Ihrer Abteilung einen oder zwei Experten. Nicht jeder soll ein bisschen was über die Software wissen, sondern es gibt einen Experten und weitere Nutzer. Diese müssen nichts über die Software wissen, sondern sind reine Nutzer, die nachfragen können. Teilen Sie das Expertentum unbedingt auf. Es darf nicht den einen geben, der alles weiß und im Urlaubsfall liegt die Abteilung brach.
  • Ja, es muss sein! Jede neue Software und jedes Update müssen professionell geschult werden! Das kostet ein Unternehmen Geld, das steht außer Frage. Aber der Nutzen ist ungleich deutlich größer, wenn die Mitarbeiter mit ihrem Handwerkszeug professionell umgehen können. Die Nutzer schulen Sie in den Standard-Anwendungen, die Experten schulen Sie in den Tiefen der Software.

Technischer Zustand der digitalen Arbeitsmittel:

  • Wenn man den vollen Nutzen seiner technischen Umgebung haben möchte, müssen alle digitalen Hilfsmittel wie PC, Laptop, Handy, I-Phone, Scanner, usw. auf dem aktuellen Stand sein. Sicherlich sind das Investitionen, die Unternehmen regelmäßig tätigen müssen. Die Digitalisierung verändert aber die Maßstäbe unseres Denkens im Umgang mit Hilfsmitteln im Büro. Eine Schreibmaschine hat eine Mitarbeitergeneration ihren Dienst verlässlich getan. Die digitalen Arbeitsmittel müssen nach 2-3 Jahren erneuert werden, um ihre Funktion erfüllen zu können.
  • Die regelmäßige Erneuerung ist kein Zeitgeist, sondern dient der Effektivität der Leistungserbringung. Das müssen viele Entscheider in Unternehmen erst noch lernen. Sie selbst sind mit anderen Arbeitsmitteln groß geworden und können kaum noch einschätzen, was die digitale Welt an Investitionen in die Arbeitsmittel verlangt. Es ist eine große Zeitverschwendung, wenn der Rechner 10 Minuten braucht, bis er in den Arbeitsmodus hochgefahren ist.
  • Der Umgang mit den Arbeitsmitteln muss genauso professionell geschult werden, wie z.B. bei dem Kauf eines neuen SMD-Bestückautomaten, eines neuen Fräszentrums, einer Laserkamera oder anderer High-Tech-Geräte. Die zunehmende Komplexität der Arbeitsmittel birgt die Gefahr, dass der Mitarbeiter für sich versucht, sein neues Gerät zum Laufen zu bringen. Das kostet viel Zeit und bringt Fehler mit sich. Die neue Rechnergeneration mit integrierter Kamera: Schulung. Das neue iPhone mit erweiterter Funktionalität: Schulung.
  • Eine ständig wachsende Bedeutung erhält das Thema Vernetzung von technischem Gerät. In diesem Beitrag geht es um die Vernetzung der digitalen Arbeitsmittel, die z.B. dem Einkäufer zur Verfügung stehen. Es nutzt dem Mitarbeiter recht wenig, wenn seine digitalen Geräte isoliert voneinander funktionieren. Die Arbeitsmittel müssen einfach und ohne weitere Aufwände miteinander vernetzt sein. Hier können „Cloud“-Lösungen ein Ansatz sein.

Umgang mit dem Verhalten und den Möglichkeiten der „Wischer"-Generation (die "Wisch"- Bewegung über das iPhone):

  • Die Mobilfunkgeräte (die sie ja längst nicht mehr nur sind) haben völlig neue Anforderungen in Unternehmen gebracht. Der Kontakt zur Außenwelt während der Arbeitszeit hat eine komplett andere Dimension angenommen, als es noch vor wenigen Jahren denkbar war. Diese Kontaktplattform ist in den meisten Unternehmen komplett ungeregelt. Es müssen Absprachen getroffen werden, wann und wie viel Zeit für die virtuelle Kommunikation vertretbar ist.
  • Den Mitarbeitern und Führungskräften muss aufgezeigt werden, was die Nutzung der modernen Mobilfunk-Generation in den Unternehmen bedeutet. Es gibt vier generelle Themen, die in ungeregelter Form den Unternehmen schaden:
    • Fehler durch Konzentrationsverteilung: Die Anzahl an Fehlern steigt, weil sich die Mitarbeiter parallel zu ihrer Aufgabe anderen Tätigkeiten widmen.
    • Arbeitssicherheit: Die Aufmerksamkeit sinkt durch Ablenkung von anderen Einflüssen.
    • EMV-Schutz: Es ist noch in Klärung, aber die Wahrscheinlichkeit des Einflusses von Strahlungen auf technische Geräte ist nicht von der Hand zu weisen.
    • Persönliche Kommunikation unterbleibt: Es wird nicht mehr miteinander gesprochen und das Problem mit dem Kunden xy erörtert, sondern jeder geht seinen eigenen Interessen nach.
  • Der Umgang mit den neuen Möglichkeiten der digitalen Kommunikation muss geregelt werden. Das ist keineswegs eine Forderung, die zu Einschränkungen, Abkopplungen und Behinderungen führen soll. Es muss ein konkretes und akzeptiertes Regularium geschaffen werden, um überhaupt vernünftig miteinander unter Einbezug der neuen Möglichkeiten kommunizieren zu können. Das sollte in einem Abteilungs-Workshop festgelegt werden
  • Ein ganz wichtiger Ratschlag beim Umgang mit der „Wischer"-Generation ist es, nicht mit einseitigen Verboten zu arbeiten. Es ist völlig unwirksam, wenn Abmahnungen für die Benutzung von iPhones (und anderen) angedroht werden. Wer Verbote ausspricht, treibt in die Illegalität bzw. in den Unternehmen auf die WC´s. Es ist ratsam, gemeinsame Regelungen zu finden, die dann auch von allen eingehalten werden!

Es gibt insgesamt viele Möglichkeiten, mit den Herausforderungen der Digitalisierung aktiv umzugehen und die neue virtuelle Welt zu gestalten. Warten Sie nicht länger, fangen Sie morgen damit!
 

Fazit und Ausblick:

Der Einfluss der Digitalisierung nimmt zu, als wäre sie ein weiteres Naturgesetz. Darauf müssen sich die Unternehmen einstellen. Das ist nicht immer ganz einfach und kostet außerdem auch noch Geld. Aber so ist das: Wer die Digitalisierung als Segen erfahren will, der wird nicht um Investitionen in die Ausgestaltung herum kommen!