Zukunft ist Spekulation - also spekulieren wir!

Wandel läuft oft anders, als vorhergesagt. Ein Beispiel: Bis vor Kurzem dachte ich noch wie die meisten, die Veränderungen im Buchhandel würden durch das E-Book getrieben. Weit gefehlt, wie ich jetzt im Zusammenhang mit der Entwicklung der Absatzzahlen meines Buchs „schlau statt perfekt“ feststellen konnte. Ich hatte nämlich meinen Verlag angerufen und mich beschwert, dass das Buch nicht in den Buchhandlungen zu finden ist und auch nicht als E-Book zur Verfügung steht. Was mir der Marketingchef von BusinessVillage darauf geantwortet hat und warum es darauf gar nicht ankommt, fand ich schon erstaunlich. Und es zeigt mal wieder, dass Zukunft rein spekulativ ist. 

Zunächst stellte er klar, dass „schlau statt perfekt“ wirklich überdurchschnittlich gut läuft. Er muss es schließlich wissen, denn er sieht die Stückzahlen, die jeden Tag sein Lager verlassen. Und er stehe kurz vor der zweiten Auflage, meinte er. Und dann lüftete er das Geheimnis. Sachbücher verkaufen sich heutzutage nur noch in recht geringem Umfang über den Buchhandel. Dieser ist daran eigentlich gar nicht wirklich interessiert. Sondern es sind die Vertriebskanäle über das Internet, in Blogs, Foren und in den sozialen Medien, die den Verkauf ankurbeln. Buchbesprechungen, auch kritische, Interviews und Artikel zum Thema, all das verbreitet den Titel in interessierten Kreisen viel wirkungsvoller, als ein Regalplatz in der Sachbuchabteilung einer Buchhandlung. Hier mal ein paar Beispiele, falls Sie Interesse an fremden Meinungen haben.

Eine pfiffige Rezension

Ein scharfes Interview

Eine Ankündigung auf "bayrisch"

Ein „ärgerlicher“ Buchleser

Eine Art Checkliste

Was ich am Erstaunlichsten im weiteren Gespräch fand: Es ist nicht das E-Book, welches die Veränderungen im Buchhandel bewirkt. E-Books machen nach wie vor nur einen verschwindenden Anteil am Buchumsatz aus. Auch in den USA sind sie angeblich rückläufig, besonders im Sachbuchbereich. Es sind die Verbreitungswege, die sich mit dem Internet eröffnen, und die ganze Branche umwälzen. Das Internet leitet die Bücher am Handel vorbei direkt zum Kunden.

Was kann man daraus lernen?

Ich wage mal die Behauptung, dass all die Experten, die heute voraussagen, wie Industrie 4.0 die Arbeitswelt ändert, falsch liegen. Nicht das sie sich ändert, ist zu bezweifeln. Aber wie, in welche Richtung, mit welchen Zeitabläufen, wer die Gewinner und die Verlierer sein werden, all das ist völlig offen. Prognosen sind da riskant. Digitale Transformation ist zunächst auch nur ein Schlagwort. Trotzdem ist es entscheidend wichtig, sich mit all den denkbaren Szenarien zu beschäftigen - wohl wissend, dass nur ein Teil davon eintreten wird. Wir können Zukunft nicht voraussagen, aber wir können "Zukunft spielen". Auf diese Weise bereiten wir uns auf Zukunft, also auf das nicht Vorhersagbare vor. Wir beschäftigen uns damit, spekulieren und diskutieren darüber, bevor es da ist. Und das in möglichst vielen Varianten. Eine davon wird schon zutreffen, so ungefähr wenigstens. Und die haben wir dann schon mal durchdacht und diskutiert. Wer sich nicht mit all den Zukunftsphantasien beschäftigt, koppelt sich von der Entwicklung ab. Er wird schlechter vorbereitet sein, als diejenigen, die sich mit Zukünften auseinandersetzen, die es heute noch gar nicht gibt. Spekulation ist nicht nur in Mode, sondern auch nötig. In Organisationen sollte man Spekulieren institutionalisieren. Es ist Teil von Changeability, also Teil von Veränderungs- und Zukunftsfähigkeit.