(5) Menschen motivieren

Menschliche Aktivität wird durch zweierlei ausgelöst, Defizite und Gewinn. Menschen bewegen sich entweder, weil sie eine unangenehme Situation überwinden oder nicht in sie hineingeraten wollen, oder sie werden aktiv, weil sie etwas Erstrebenswertes, etwas für sie Sinnvolles erreichen wollen. Darauf bauen alle Motivationskonzepte auf. Daran ist grundsätzlich nichts Schlechtes, denn sie folgen der menschlichen Natur. Ob aus den Handlungen motivierter Menschen immer etwas Gutes entsteht oder Motivation auf etwas Gutes ausgerichtet wird, das ist eine andere Frage.

Für die Intensität, die Leidenschaft und Hingabe, mit der Menschen einer Sache nachgehen, ist es jedoch entscheidend, ob sie handeln, weil sie müssen, oder ob sie handeln, weil sie wollen – bzw. weil sie glauben zu wollen. Wir nennen das den Grad intrinsischer Motivation. Anders ausgedrückt: Es geht darum, die in jedem Menschen angelegte Motivation freizusetzen und zu pflegen. 

Für Unternehmen in kühler Umgebung ist der Müssen-Modus verbreitet und ausreichend. Unternehmen in heißer Umgebung gewinnt jedoch der Wollen-Modus ausschlaggebende Bedeutung, weil Menschen, die in diesem Modus arbeiten, deutlich kreativer, engagierter, mutiger und verantwortlicher sind. Sie haben das Gefühl, frei und selbstbestimmt ihrer Arbeit nachzugehen, empfinden diese deshalb nicht als Last, sondern als Erfüllung ihres Lebenszwecks. Aus dieser inneren Haltung und Befindlichkeit heraus arbeiten sie nicht unbedingt mehr, aber besser. Sie erzeugen Ergebnisse, die innovativer, kühner, ausgereifter und qualitativ überlegen sind, und das meist noch in kürzerer Zeit. Ein Unternehmen im Wollen-Modus kann seine Umgebung, seine Märkte und die Wettbewerber überraschen.

Der Schlüssel, Menschen und ganze Gruppen in den Wollen-Modus zu bringen, ist Freiheit! 

In der Arbeitswelt geht es dabei meist um das Gefühl von Freiheit, das entsteht, wenn eine Aufgabe nicht „alternativlos“ vorgegeben, sondern durch die Frage nach der besten gemeinsamen Herangehensweise zur Lösung eines bestehenden Problems zur Verhandlungssache wird. Auch die Frage, wer sich an einer Aufgabe beteiligen will, erzeugt das Gefühl von Freiheit.

Eine solche „Verhandlungskultur“ kann nur in einem Umfeld gut entwickelter sozio-systemischer Erfolgsfaktoren gedeihen. Sie bilden Rahmen und Grundlage für Freisetzung und Pflege von Motivation.

 

Ein wichtiges Detail findet noch sich im Bild des Motivationsmodells. In Unternehmen macht der Wollen-Modus nur Sinn, wenn Freiheit mit Verantwortung kombiniert wird. Es geht bei aller individuellen Freiheit stets um die Verantwortung für das Ganze, für das Unternehmen. Überwiegend oder ausschließlich auf die Befriedigung individueller Bedürfnisse ausgerichtete Motivation kann in kühler Umgebung erfolgreich machen. Die Komplexität der Herausforderungen in heißen Umgebungen verlangt ein hochentwickeltes Maß an Kooperation und Gemeinsamkeit. Der Einzelne muss dort verstehen, dass er nur in Gemeinschaft in der Lage ist, seine individuellen Bedürfnisse zu erfüllen, Stichwort: egoistischer Altruismus. Aufgabe von Führung ist es, diesen Zusammenhang deutlich zu machen und dadurch Sinn für Gemeinsamkeit zu entwickeln. Anderenfalls entstehen Egoismus beim Einzelnen und Wettbewerbsnachteile für das Unternehmen.