Das Hannoveraner Modell auf dem Vormarsch

Wir haben uns in den zurückliegenden Monaten intensiv mit dem Thema Veränderungsfähigkeit – Changeability – auseinandergesetzt. Der Grund dafür war, dass die Unbestimmbarkeit von Zukunft, die eine prinzipiell unumstößliche Tatsache ist, immer stärker in das Bewusstsein und die Aufmerksamkeit der Führungskräfte in den Unternehmen rückt. Während man bisher immer noch der Hoffnung anhängen konnte, durch Strategie und Planung, durch das Sammeln vieler Informationen, Trendforschung und Prognosen einigermaßen Sicherheit bezüglich zukünftiger Entwicklungen zu erreichen, wird die Aussichtslosigkeit derartigen Unterfangens jetzt immer deutlicher. Die exponentiellen Veränderungen aus den Bereichen Globalisierung, Energie, Finanzen und Geopolitik führen zu immer mehr unvorhergesehenen, überraschenden Entwicklungen und Ereignissen von immer größerer Wirkung und in immer schnellerer Abfolge. Es treten Ereignisse ein, schlechte und gute, die uns direkt betreffen und die uns überraschen, und auf die wir deshalb nicht oder nur schlecht vorbereitet sind.

Dieses „Näherrücken“ dramatischer Wandel-Ereignisse hat Auswirkungen auf unsere Befindlichkeiten. Bisher habe ich bei Vorträgen und Diskussionen zum Thema Wandel und Veränderungsdynamik stets eine gewisse emotionale Distanziertheit bei den Beteiligten wahrgenommen. Das Thema wurde aufgenommen, rational betrachtet und darüber gesprochen, als sei es etwas außerhalb eigenen Erlebens, als träfe es eigentlich nur allgemein und für „die Anderen“ zu und ginge an einem selbst recht spurlos vorbei. Das ändert sich gerade. Ich beobachte bei vielen Diskussionsteilnehmern Betroffenheit. Sie spüren offenbar, jenseits des intellektuellen Zugangs, dass es sich bei der Unbestimmbarkeit der Zukunft durchaus um ein sie persönlich und ihr Unternehmen berührendes Thema handelt. Und es stellt sich dadurch eine gewisse Hilflosigkeit ein, weil ihnen klar – und fühlbar – wird, dass es gegen diese Unbestimmbarkeit kein Mittel gibt. Jedenfalls kein direktes, denn man weiß schlicht nicht, worauf man sich und sein Unternehmen konkret vorbereiten soll. Und wenn diese Erkenntnis so richtig hochsteigt, kann einem schon etwas mulmig werden.

Wenn der Diskussionsabend vorüber ist, sinkt mancher der Teilnehmer wieder in seinen Chefsessel zurück in der Hoffnung, dass es ihn ja vielleicht doch nicht betreffen wird. „Es ist ja bisher immer gut gegangen und außerdem haben wir da gerade ein neues Produkt, das wir strategisch nach allen Regeln der Kunst platziert haben. Vielleicht müssen wir eben einfach noch mehr Informationen und Fakten zusammentragen, dann kriegen wir Sicherheit.“ So denkt tatsächlich mancher – und macht sich damit weiterhin etwas vor. Selbst wenn nämlich die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns eines Zukunftsprojekts auf weniger als 5 % sinkt, so kann dieser ziemlich unwahrscheinliche Fall eben doch genau jetzt eintreffen. Und was dann? Ist das Unternehmen in der Lage, diesen Ausfall zu verkraften? Hat es Alternativen parat? Ist es für den Worst Case gerüstet?

Die gute Nachricht lautet: Ja man kann sich und sein Unternehmen für die wachsende Unbestimmtheit der Zukunft rüsten! Man muss nur dem Hinweis von Friedrich von Hayek, dem „Vater“ des Liberalismus folgen, der bereits vor Jahrzehnten sagte:

„Die wichtigste Tugend eines Wirtschaftssubjekts ist seine Fähigkeit zur Anpassung an das Unvorhersehbare.“

Wie stellen wir diese Tugend her? Dazu ist das Hannoveraner Modell hilfreich, welches eigens dazu erarbeitet wurde, die Entwicklung von Veränderungsfähigkeit, speziell der von Unternehmen, zu systematisieren. Das Vorgehen vollzieht sich in drei Schritten:

Schritt 1:
Mittels eines Befragungstools (Change-o-Meter) wird die aktuelle Veränderungsfähigkeit des Unternehmens bestimmt. Die gewonnenen Einschätzungsprofile auf den verschiedenen Changeability-Ebenen (Struktur, Prozess, Mensch, Netzwerk, Kultur) erlauben die Ortung von Defiziten und Entwicklungspotenzialen in sogenannten „kritischen Elementen“.

Das können z.B. die Kapitalsituation des Unternehmen, Lieferantenabhängigkeiten, die Informations- und Entscheidungsprozesse, die Interaktionen zwischen Management und Mitarbeiter oder auch Werteelemente, wie Vertrauen und Offenheit, sein.

Schritt 2:
Die kritischen Elemente werden der Changeability Analysis unterzogen. Hierbei untersuchen Experten gemeinsam mit den verantwortlichen und sachkundigen Mitarbeitern des Unternehmens das Verhältnis zwischen Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit bezüglich unvorhersehbarer Veränderungen, und zwar genau in diesen kritischen Elementen.

So kann es bei der Ressourcenverwendung um das richtige Verhältnis zwischen Anlage- und Umlaufvermögen einerseits und Mitteln für Innovationen andererseits gehen. Wenn vielleicht das untere und mittlere Management als kritisches Element herausgefunden wurde, so wird man hier die Konstitution (Ausbildungsstand, Change-Erfahrungen usw.) und das Verhalten (in Gremien und Meetings, informell, Rituale usw.) der Manager untersuchen.

Die Changeability Analysis endet mit konkreten Vorschlägen zur Weiterentwicklung der Veränderungsfähigkeit des Unternehmens oder bestimmter Bereiche.

Schritt 3:
Hier geht es um die konkrete Verbesserung der erkannten Defizite. Das geschieht durch ergebnisfokussierte Projektarbeit, mess- und nachvollziehbar. Das können Projekte sein, die Prozesse der Supply Chain robuster machen, funktionierende Netzwerke mit Kunden oder für Innovation aufbauen, oder auch Projekte zur Verbesserung von Entscheidungsabläufen und Verhaltensweisen. Entscheidend ist dabei die strikte Einbeziehung aller Beteiligten, damit Lösungen entstehen, die tatsächlich „zum Unternehmen gehören“. Das ist eine der Grundlagen dafür, das jeweilige Unternehmen als Gesamtheit zu entwickeln, seine Widerstandsfähigkeit und seine Anpassungsfähigkeit von innen heraus zu stärken.

Immer mehr Unternehmen begeben sich in der einen oder anderen Weise auf den Weg, ihre Anpassungsfähigkeit weiter zu entwickeln. Sie stellen sich diesen Herausforderungen, weil es der einzige Weg ist, die Chancen auf Erfolg unter den sich immer schneller und unvorhersehbarer ändernden Bedingungen zu erhöhen. Wir bei Humanagement sind sehr stolz darauf, mit dem
Hannoveraner Modell ein Instrumentarium entwickelt zu haben, das dabei wirkungsvoll unterstützt. Das Interesse daran ist groß und wir erhalten bei Vorträgen und Präsentationen viel Zustimmung zu diesem Konzept. In der Praxis bewährt es sich.