Gesprächsführung und Feedback

Wirkung in Kommunikation beruht auf Wahrnehmung. Was ich nicht wahrnehme, wird bei mir keine Reaktionen auslösen. Grundlage für Wahrnehmung sind unsere Sinne. Unser dominierender Sinn ist das Sehen. Demzufolge verwundert es nicht, dass alles Optische die größte und auch die erste Wirkung im Kommunikationsprozess erzielt. Der Satz „Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance“ entspricht den beobachtbaren Tatsachen. Wichtig ist die Körpersprache, nämlich Haltung, Mimik, Gestik, Gang, Motorik und Outfit. Genauso wirkungsvoll sind jedoch Umgangsformen sowie sichtbare Qualität, Ordnung und Sauberkeit der Umgebung.

Schwächer ist unsere Geruchswahrnehmung. Dabei gibt es jedoch eine wichtige Besonderheit, denn über die Nase (und auch über den Geschmackssinn) dringen Informationen in unser Unterbewusstsein und entscheiden dort über sympathisch oder unsympathisch lange bevor wir sie bewusst wahrnehmen. Es ist dies der Grund dafür, dass wir bei einem guten Essen viel leichter unser Gesprächsziel erreichen als in einem stickigen Hinterhofbüro.

In Gesprächen kommt es natürlich auf das Funktionieren des Gehörsinns an. Interessanterweise nehmen wir mit den Ohren zuallererst den Klang einer Stim-me auf. Diese Information geht wiederum ins Unterbewusstsein und disponiert uns gegenüber unserem Gesprächspartner positiv oder ablehnend.

Die größte Wirkung erzielt alles Optische, danach erst folgen Gerüche und Stimme. Und ganz zuletzt kommt der Inhalt, die eigentliche Information. Nur bis wir mit unseren hervorragenden sachlichen Argumenten beeindrucken können, müssen wir zunächst die Hürde über die Optik nehmen. Ob es uns gefällt oder nicht, das ganze Drumherum ist wichtiger für den Erfolg von Kommunikation als der eigentliche Inhalt. Und es kommt noch schlimmer, denn häufig werden Informationen durch die dominierenden anderen Einflüsse deformiert. Das geschieht durch Interpretationen, durch das unbewusste Verknüpfen einer Information mit den Eindrücken, die wir von der diese sendenden Person haben. Die Sympathien oder Antipathien färben sozusagen auf die Botschaft ab.

Am Deutlichsten ist das am Beispiel Verkaufserfolg. Dieser soll von Fachkompetenz, Berufserfahrung, Produkt-qualität und Preisen abhängen. Doch schauen Sie sich mal erfolgreiche Ver-käufer an! Es sind diejenigen, die am besten mit Menschen umgehen und gut kommunizieren können.

Wie können wir uns mit unserem eigenen Kommunikationsverhalten diesen Zusammenhängen und Erfordernissen anpassen? Es ist unmöglich, in einer Gesprächssituation an alle diese Dinge zu denken und auf diese Weise unsere Körpersprache, die Klangfarbe unserer Stimme oder gar unsere Körperausdünstungen zu steuern und zweckgerichtet einzusetzen. Wir haben nur eine Möglichkeit: Wir müssen alles das vorher bedenken, trainieren und uns selbst auf geeignete Weise einrichten.

Wir brauchen als Führungskraft eine sichere, sympathische und Vertrauen erweckende Ausstrahlung, also müssen wir diese entwickeln. Das ist einerseits eine Frage des Trainings, andererseits hängt es mit unserer Lebenshaltung und mit unserem eigenen Vertrauen zusammen. Unsere Ausstrahlung zu verbessern ist ein langfristiger Prozess. Im ersten Schritt sollten wir uns ein schonungsloses Feedback holen, auf dem wir eine kontinuierliche Entwicklung aufbauen können. Danach lassen sich zahlreiche Angebote nutzen, von Stilberatung über Sprecherziehung bis hin zu verschiedenen Persönlichkeitstrainings. Wer die Möglichkeit hat, sich auf diesem Weg von einem persönlichen Coach begleiten zu lassen, sollte diese unbedingt nutzen.

Wenn wir nun alle den Kommunikationsprozess dominierenden Faktoren einigermaßen optimiert haben, bleibt immer noch die Frage, wie die eigentliche Information vom Empfänger aufgenommen wird. Wir alle kennen Situationen, in denen wir glaubten, uns richtig ausgedrückt zu haben und letztlich feststellen mussten, dass bei unserem Mitarbeiter nichts oder etwas völlig anderes angekommen ist. Das gilt nicht nur für Gespräche, sondern auch für schriftliche Übermittlungen. Noch schlimmer wird es, wenn Informationen durch mehrere „Hände“ gehen, bevor sie beim eigentlichen Adressaten ankommen. Spätestens bei solchen Informationsketten ist es unmöglich sicher zu stellen, dass eine Information exakt so verstanden wird, wie sie gemeint ist.

Wir können uns also niemals sicher sein, dass wir so verstanden werden, wie wir das wollen. Das gilt auch und besonders für die Gespräche mit Mitarbeitern. Für den Erfolg von Kommunikation ist es aber letztlich nicht wichtig, was wir gesagt haben, sondern einzig und allein, was unser Gesprächspartner verstanden hat. Um hier mehr Sicherheit zu bekommen, müssen wir zunächst verstehen, wie Verstehen funktioniert.

Kommunikation basiert auf Gehirnfunktionen, die an bestimmte Voraussetzungen gebunden sind. Eine da-von ist, dass das Gehirn nur erkennt, was ihm quasi schon bekannt ist. Jedes einkommende Signal wird im Gehirn mit den in den Synapsen bereits vorhandenen Mustern abgeglichen. Glücklicherweise ist unser Gehirn so elastisch, dass bereits Ähnlichkeiten genügen, um die einkommende Information zuzuordnen. Sie wird also erkannt und sozusagen in ein entsprechendes Schubfach gesteckt. Diese Resonanz ist die Grundlage für Verstehen.

Und genau an dieser Stelle beginnen die nächsten Schwierigkeiten. Wir wissen nämlich nicht, in welches Schubfach unsere Information im Gehirn des Mitarbeiters abgelegt wird. Wenn er mit einer ähnlichen Botschaft in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht hat, dann wird sie in den Sektor „Vorsicht/Misstrauen“ geraten, ohne dass wir das mitbekommen. Wir wundern uns nur hinterher über Inaktivität, vorsichtiges Taktieren oder sogar die völlige Verdrängung der Information. Der Mitarbeiter steht uns vielleicht gegenüber, zuckt mit den Schultern und behauptet aus tiefster Überzeugung, dass wir ihn nicht informiert hätten.

Noch problematischer wird es, wenn unser Mitarbeiter das Thema, über welches wir reden, überhaupt nicht kennt. Dann wird er auch nicht verstehen, was wir von ihm wollen. Oft zeigen Mitarbeiter dieses Nichtverstehen aus den verschiedensten Gründen nicht an oder wir übersehen selbst deren Signale. Dann glauben wir, richtig verstanden worden zu sein und wundern uns später über ausbleibende Reaktionen.

Um mit obiger Grafik zu gehen: Wenn wir jemandem etwas von einem Dreieck erzählen, sollten wir zunächst sicher sein, dass er weiß, was ein Dreieck ist. Und außerdem sollten wir prüfen, welche Erfahrungen er mit Dreiecken gemacht hat, damit er unsere Infor-mationen in einem positiv gestimmten und aktivitätsorientierten Teil seines Gehirns speichert.

Wir wissen also nicht, was unser Kommunikationspartner wirklich weiß, welche Erfahrungen er hat, ob er unsere Information überhaupt verstehen kann und womit er sie in Zusammenhang bringt. In diesem Prozess sind so viele Unwägbarkeiten, dass er unmöglich exakt funktionieren kann. Es ist immer nur eine Frage der Wahrscheinlichkeit, dass unsere Botschaft in der von uns gemeinten Weise rüberkommt. Unser praktisches Bemühen muss permanent dahin gehen, diese Wahrscheinlichkeit zu erhöhen.

Was bedeutet das für unsere Gesprächskultur, für die Art und Weise, in der wir Mitarbeitergespräche führen, sowohl die formalisierten mit protokollierten Festle-gungen als auch die täglichen Gespräche zur Übermittlung von Arbeitsaufgaben, zu deren Kontrolle, zur Abstimmung gemeinsamen Vorgehens oder zur Unterstützung des Mitarbeiters bei der Erfüllung seiner Aufgaben?

Wenn wir die vorangegangenen theoretischen Überlegungen verstehen, dann ist die wichtigste Verhaltensregel für eine Führungskraft, wenn sie in Kommunikation mit ihren Mitarbeitern, aber auch mit Kooperationspartnern und Vorgesetzten, geht, völlig einsichtig:

Gehen Sie in Kontakt!

Das heißt nicht, dass man seinem Gegenüber auf die Pelle rücken soll. Es geht darum, dem Gesprächspartner durch Interaktion nahe zu kommen, mit ihm in regen Austausch zu gehen und als Mensch im Kontakt zu sein. Nur dann erhalten wir genügend Informationen darüber, wie unsere eigene Information aufgenommen wurde, ob wir verstanden wurden und mit den von uns beabsichtigten Reaktionen tatsächlich auch rechnen können.

Sehr häufig können wir bei Führungskräften ein zwar sachlich einwandfreies Kommunikationsverhalten beobachten, korrekt, fachlich präzise, kurz und knapp, dem aber – und das ist der entscheidende Punkt – eine gewisse Wärme fehlt. Zwischen den Gesprächspartnern besteht Distanziertheit, die von den Mitarbeitern sofort gespürt wird. Wie soll es dann zu dem für erfolgreiche Kommunikation erforderlichen Austausch kommen?

Wir sollten uns angewöhnen, grundsätzlich mit unseren Gesprächspartnern so umzugehen, wie wir das selbst gern hätten. Wir sollten uns selbst zeigen und die Sprache unseres Gegenübers sprechen. Nur wenn die Gesprächskultur in unserem Bereich von Gemeinsamkeit getragen wird, kann langfristig erfolgreiche Zusammenarbeit gelingen.

Nachfolgend einige wichtige Verhaltensgrundsätze für die erfolgreiche Gestaltung von Gesprächen:
Wir sollten stets schrittweise vorgehen!

  • Dazu müssen wir die Gesprächsetappen gut planen, uns über unsere Ziele klar sein und von vornherein dafür sorgen, dass kein Zeitdruck entsteht.
  • Wir müssen unseren Gesprächspartnern genügend Zeit zum Überdenken der Gesprächsinhalte einräumen. Es ist besser, ein Gespräch zu vertagen, als den Gegenüber zu überrumpeln.
  • In diesem Zusammenhang kann es, besonders formalisierten Mitarbeitergesprächen, wichtig sein, den Gesprächstermin vom Entscheidungstermin zu trennen. Menschen brauchen Zeit, um sich mit neuen Aufgaben und Herausforderungen oder un-bekannten Situationen anzufreunden.

Wir sollten Ebenen trennen!

  • Es ist wichtig, Personen und Probleme voneinander getrennt zu betrachten. Die Person ist nicht das Problem! Wir müssen uns davor hüten, Verärgerung über ein Sachproblem auf eine Person zu übertragen.
  • In ähnlicher Weise wichtig ist die Trennung der Sach- und der Beziehungsebenen. Beziehungsprobleme gehören nicht in die Sachdiskussion und umgekehrt. Für das Auseinanderhalten dieser Ebenen sollte man sich nicht scheuen, dann und wann Hilfe von Dritten anzunehmen.
  • Wir müssen die Sachebene und die Prozessebene auseinander halten. Die Sachebene beinhaltet, was zu tun ist, die Prozessebene, wie es zu tun ist. Für die Steuerung von Gesprächen ist es zweckmäßig, dieser Logik zu folgen.

Wir müssen uns auf die Interessen konzentrieren, nicht auf die Positionen der Gesprächspartner!

  • Positionen sind mit Image und äußeren Zwängen verbunden. Sie unterscheiden sich häufig beachtlich von den wirklichen Interessen der Gesprächspartner. Das ist mitunter unbewusst und trifft auch auf uns selbst zu.
  • Wenn wir Positionen differenziert hinterfragen, finden wir die wirklichen Interessen unserer Gesprächspartner heraus. Hilfreich dafür sind auch Informationen aus dem Umfeld des eigentlichen Themas oder des Gesprächspartners.
  • In den Mittelpunkt eines Gesprächs gehören die Interessen. Mitunter dauert es eine Weile, bis dies gelingt. Dann besteht die Chance zur Bildung einer Interessengemeinschaft.

Wir müssen dem Gesprächspartner Wahlmöglichkeiten lassen!

  • Es bietet sich an, angelehnt an die wirklichen Interessen Alternativen zu den ursprünglich vorgesehenen Gesprächsverläufen und zu den verschiedenen Lösungsvorschlägen zu entwickeln.
  • Grundsätzlich sollten wir bei allen Gesprächsgegenständen versuchen, Varianten in der Sache, im zeitlichen Verlauf, in Regularien usw. aufzuzeigen. Dadurch werden die Interessen des Gegenübers mit ins Spiel gebracht.

Wir brauchen Entscheidungsprinzipien!

  • In kritischen Situationen eines Gesprächs sollten gemeinsam Kriterien für die Entscheidungsfindung entwickelt werden. Auf diese Weise nähert man sich bereits unmerklich einer Lösung.
  • Wichtig ist die durchgängige Logik eines Entscheidungsprozesses, welcher sich bei der eigentlichen Entscheidung niemand entziehen kann. Es kommt deshalb darauf an, über diese Logik Konsens zu erzielen.

Wir müssen Gesichtsverluste verhindern!

  • Wir dürfen niemals die eigene oder die gegenseitige Position diskreditieren. Häufig ziehen sich Führungskräfte in Mitarbeitergesprächen auf die Position ihres eigenen Vorgesetzen zurück (ich will das ja eigentlich nicht, aber ich muss …). Dies rächt sich garantiert!
  • Beim Gespräch über Interessen, auch über sehr fremde und zunächst unverständliche, dürfen diese niemals abgewertet werden. Abgewertete Interessen können nur schwer korrigiert werden.
  • Wir müssen vor allem persönliche Imageschädigungen vermeiden.

Wer fragt, der führt!

Fragen geben dem Partner das Gefühl, dass Sie an ihm interessiert sind, erleichtern das Erkennen und Ändern der Gesprächsrichtung, ermöglichen ein diplomatisches Korrigieren der Argumente, schaf-fen die nötige Vertrauensbasis, helfen bei der Einschätzung des Gesprächspartners, bauen Aggressionen ab, machen es einfacher, unfaire Angriffe zu parieren und geben uns Zeit, die nächsten Gedanken zu formulieren

  • Besonders hilfreich sind öffnende Fragen:
    •  „Was beschäftigt Sie an diesem Problem besonders?“
    •  „Wie war das genau bei dem Crash?“
    • „Wie ging es nach dem Zwischenfall weiter?“
    •  „Wie haben Ihre Kunden danach reagiert?“
    •  „Was gefällt Ihnen hieran besonders?“
  • Fragen Sie niemals aggressiv, sondern stets aus Interesse an der Person oder an der Sache.

Feedback als Führungsinstrument

Ein weiteres wichtiges Gebiet für Mitarbeitergespräche ist Feedback. Dabei ist es nicht mit simplen Rückmel-dungen getan, denn Feedback – richtig eingesetzt – ist ein äußerst wirkungsvolles Führungsinstrument. Man sollte sich über die verschiedenen Arten von Feedback und über deren Wirkungen klar sein und dieses Instrument stets verantwortungsbewusst einsetzen. Die Faustregel lautet: Was mir selbst gut tut, tut auch anderen gut. Was mir schadet, schadet auch anderen!

Führungskräfte treten meist als Feedback-Geber auf. Deshalb hier einige wichtige Regeln, deren Beachtung eine gute Orientierung darstellt:

  • Vergewissern Sie sich, ob Ihr Gegenüber tatsächlich Feedback wünscht. Mitunter müssen Sie Mitarbeitern den Sinn eines Feedbacks klar machen.
  • Sprechen Sie mit Ihrem Feedback möglichst immer konkrete Beobachtungen an. Vermeiden Sie Vermutungen und Ursachenanalysen.
  • Teilen Sie nur Ihre eigenen Wahrnehmungen mit.
  • Feedback darf niemals einseitig negativ sein.
  • Geben Sie Ihr Feedback so, dass Ihr Wohlwollen für Ihr Gegenüber deutlich wird.
  • Feedback sollte so konkret wie möglich uns so ausführlich wie nötig sein. Weniger ist häufig mehr!

Und noch ein wichtiger Hinweis zum Schluss: Besonders beim Feedback, aber auch in anderen Gesprächssituation sollten wir immer versuchen, uns unseres konkreten Kommunikationsverhaltens bewusst zu sein. Nur so können wir dieses wichtige Führungsinstrument beherrschen lernen. Es geht dabei nicht nur um das WAS, sondern in stärkerem Maße um das WIE.