Projektplanung geht auch anders

Wir beobachten oft zwei Extreme. Entweder werden Projekte so gut wie gar nicht geplant und einfach drauflos gearbeitet. Oder man verzettelt sich in der Planung, ermittelt akribisch die irgendwann in der Zukunft vielleicht erforderlichen Bearbeiterkapazitäten und streitet sich über deren Bereitstellung. Aber das für die praktische Arbeit eigentlich Wichtige, nämlich die Ermittlung der Arbeitspakete, das Entwerfen der Arbeitsschritte oder -etappen und die Festlegung der erforderlichen Aktivitäten durch die einzelnen Verantwortlichen, kommen dabei oft zu kurz. Und wenn man dann einen irgendwie gearteten Plan hat, kommt oft der Kardinalfehler, indem man ihn zur Seite legt und nicht mehr darauf schaut.

Darum unsere Hauptforderung: Pläne müssen ständig mit der sich ändernden Projektwirklichkeit abgeglichen und unter Beibehaltung der Zielparameter angeglichen werden! Wir sprechen von dynamischer Planung. Diese erfolgt im Monitoring, auf das ich im Infobrief April eingehen werde.

In Unternehmen mit einer über Jahre und Jahrzehnte gewachsenen Projekttradition, in denen bereits viele Projekte bearbeitet und dokumentiert wurden, gibt es für den Planungsstart und als Ausgangspunkt der dynamischen Planung eine besondere Möglichkeit, die noch nicht weit verbreitet ist, zumindest nicht in systematischer und objektivierter Form. Es ist die sogenannte realtypische Planung, die ich hier in groben Zügen erläutern möchte. Man erkennt nämlich, wenn man die Abläufe zurückliegender Projekte analysiert, bestimmte Muster, nach denen Projekte eines Typs ablaufen.

Das Bild zeigt zwei solcher realtypischer Projektverläufe. Dargestellt ist die Verteilung des Bearbeitungsaufwands über die Bearbeitungszeit bzw. -phasen. Typ A ist ein Projekt mit hohem Bauanteil, Projekt B die Einführung eines modifizierten Produktionsverfahrens auf teilerneuerten Anlagen. Über die Prinzipdarstellung im Bild hinausgehend kann man aus vergangenen Projekten je Typ die Risikopotenziale sowie die Zeitpunkte ihres Auftretens vorherbestimmen. Außerdem lässt sich aus finanziellen Kennziffern des Projekts, etwa dem Bauvolumen oder den Kosten für Neuanlagen, der realtypisch zu erwartende Zeitaufwand für die Bearbeitung schätzen.

Nun werden buchhalterisch geprägte Projektmanager an dieser Stelle einwenden, dass ein so ermittelter realtypischer Projektablauf als Planungsgrundlage nicht genau sei. Stimmt, aber er ist nicht weniger der späteren Wirklichkeit entsprechend, wie eine akribisch ausgearbeitete klassische Planung, die ja auch nur auf Annahmen über die Zukunft basiert. Der Vorteil realtypischer Planung: sie ist schneller und billiger zu haben. Und außerdem ist sie eine sehr gute Grundlage für die Installation einer Optimierungsmentalität im Projektteam. Man kann nämlich folgendes machen:

  1. Man setzt den realtypischen Planentwurf, der ja auf den wirklichen Abläufen früherer Projekte des jeweiligen Typs beruht, als Vorgabe für das Projektteam an. Damit liegt man jedenfalls nicht weiter von der zu erwartenden Realität entfernt, als mit dem Ergebnis klassischer Planung.
  2. Man beauftragt das Projektteam mit der Optimierung dieses Planungsverlaufs, und zwar beginnend mit dem Start und über die gesamte Laufzeit fortgesetzt. Für die Optimierungsergebnisse werden Zielprämien ausgelobt.

Das ist eine faire Motivationsstrategie, die Schwung in die Projektbearbeitung bringt. Die Ermittlung der realtypischen Projektverläufe für die verschiedenen, im Unternehmen in der Vergangenheit bearbeiteten Projekte stellt einen überschaubaren Einmalaufwand dar. Es bietet sich überall dort an, wo über Jahre Projekte bearbeitet und dokumentiert wurden.