Schöne neue Arbeitswelt

Aber ist diese Frage, so berechtigt sie ist, auch wirklich schlau gestellt? Ist das eigentlich die richtige Frage? Wohin führt sie uns, wenn wir ihr im Wortsinne nachgehen? Diese Frage verführt zum Phantasieren darüber, wie unsere Arbeitswelt in zehn Jahren tatsächlich aussehen wird. Zukunftsforscher beschäftigen sich damit und kommen dabei zu spannenden Szenarien. Sie beschreiben zum Beispiel den Arbeitsalltag eines „Büroangestellten“, der überwiegend zu Hause, auf der Parkbank oder am Strand von Bali arbeitet. Wenn er tatsächlich einmal ins Büro fährt, dann mit einem selbstfahrenden Vehikel, das sich von heutigen Autos dadurch unterscheidet, dass niemand das Lenkrad anfassen muss, sondern stattdessen allen möglichen angenehmen Beschäftigungen nachgehen kann. Er ist immer und überall vernetzt und sein Smartphone organisiert sein Leben. Diese Art Alltagsbeschreibungen sind sehr detailliert ausgeschmückt, unglaublich faszinierend und wunderbar zu lesen. Wer sich an solchen Szenarien berauschen möchte, dem kann ich das Buch „2025 – so arbeiten wir in der Zukunft“ von Jánszky und Abicht empfehlen. Aber Vorsicht – Sie sollten den dort gezeichneten Bildern nicht glauben. Denn niemand kann die Zukunft voraussehen, auch Zukunftsforscher nicht.

Wenn uns jedoch die Frage, wie wir in zehn Jahren arbeiten wollen, zu solch spekulativen Antworten führt, dann ist sie zwar amüsant, aber für unternehmerische Entscheidungen unbrauchbar. Stattdessen ist es zielführender zu fragen, wie wir unsere Organisationen und unsere Menschen auf eine Zukunft vorbereiten können, die heute niemand kennt und die heute auch niemand kennen kann. Zugegeben, diese Frage klingt zunächst einmal so, als ließe sie sich überhaupt nicht beantworten. Aber bei genauerem Nachdenken kommt man sehr schnell dahinter, dass es dabei nicht um irgendwelche Zukunftsszenarien geht, sondern um andere, eher indirekte Themenstellungen. Zum Beispiel darum, Menschen und Organisationen offen zu machen für Neues, neugierig zu machen für das Unbekannte, vielleicht auch für das Abenteuerliche an diesem Unbekannten, sie zu sensibilisieren für plötzlich auftretende Neuerungen und deren Vorzeichen und schließlich auch darum, ihr Wissen und ihre Qualifikationen zu verbreitern.

Wenn Sie diese Themen jetzt noch ziemlich allgemein finden, dann lesen Sie bitte den Satz noch einmal und verknüpfen ihn mit der wichtigen Anschlussfrage: Was können wir heute bereits dafür tun? Und sofort werden ihnen ein paar sehr praktische Dinge einfallen, die sinnvoll gemacht werden können, um Ihr Unternehmen auf eine Zukunft vorzubereiten, die Sie heute noch nicht kennen können. Hier mal eine kleine Auswahl:

  • Sie können dafür sorgen, dass die Mitarbeiter sich intensiv und detailliert mit den Arbeitsprozessen beschäftigen und alle Daten und deren Verknüpfungen analysieren.
  • Sie können dafür sorgen, dass die Mitarbeiter sich überlegen, was bestenfalls mit diesen Prozessdaten anzufangen wäre, so dass eine Ideenbank entsteht, aus der sich Rationalisierungspotenziale abgreifen lassen.
  • Sie können Mitarbeiter zu Kongressen, Seminaren und Workshops über Big Data, KI und Robotik schicken, so dass sich ihr konkretes Wissen um diese Themen erhöht, die in Zukunft mit Sicherheit eine Rolle spielen werden.
  • Sie können regelmäßig Experten aus der Wissenschaft, aber auch aus anderen Branchen für Vorträge einladen – auch mit dem Ziel der prophylaktischen Qualifikation.
  • Sie können versuchen, neue Mitarbeiter mit bisher für Ihr Unternehmen „artfremden“ Qualifikationen einzustellen und diese in die traditionellen Teams zu geben. Auch wenn anfangs vielleicht mit denen niemand etwas anfangen kann, stellen sie sich mit Sicherheit nach einiger Zeit als Bereicherung heraus. (Ich begann als junger Physiker in einer Abteilung für die Materialprüfung von Leder – ein damals mehr als traditioneller Bereich – zu arbeiten, hatte nach wenigen Jahren über zehn Patente angemeldet und leitete eines der zukunftsträchtigsten Forschungsgebiete in diesem Sektor, nicht zuletzt deshalb, weil ich einiges völlig anders angegangen bin als meine Kollegen.)

In vielen Unternehmen laufen jetzt solche und ähnliche Aktionen. Wenn Sie selbst ein spannendes Beispiel dazu beisteuern können, wäre ich für einen kurzen Bericht dankbar und teile den dann gerne mit anderen Interessenten – natürlich mit korrekter Quellenangabe.