Transformation ist das neue Change

Die moderne Wirtschaftswelt ist mehr als jede vorangegangene durch Flüchtigkeit, Ungewissheit, Komplexität und Unschärfe geprägt. Wir sprechen von der VUCA-Welt (Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity). In solchen Umgebungen – ich nenne sie „heiße“ Umgebungen im Unterschied zu den „kalten“ Umgebungen früherer Jahre, in denen Planbarkeit und Kontinuität vorherrschend waren – müssen Unternehmen sich behaupten und erfolgreich entwickeln. Dazu müssen sie über klassische Stärken, wie Planung, Organisation, Standardisierung, Skalierung, Vorgabe, Training und Kontrolle verfügen, zusätzlich jedoch Anpassungsfähigkeit, schnelles Reagieren, Risikobereitschaft, Fehlertoleranz, Flexibilität, Kreativität und Identifikation und die Bereitschaft zum Brechen von Regeln und alten Gewissheiten entwickeln. Das geschieht nicht einfach so. Eben weil es so grundsätzlich anders ist, als im alten Trott, mit möglichst geringem Risiko und in liebgewordenen Gewohnheiten weiterzutraben. 

Die meisten Menschen verlassen nicht gern ihre Komfortzonen. Es bringt auch nicht wirklich eine neue Qualität von Leistung, wenn sie aus den Komfortzonen mit allen möglichen Managementinterventionen herausgelockt oder -getrieben werden. Es geht darum – und genau das ist Transformation – Menschen zur freiwilligen Übernahme von Verantwortung, zu mehr Risikoübernahme, zu Initiative, Mut und Lust zu Kreativität zu bringen. Sie tun es, nicht weil sie es müssen, sondern weil sie es wollen.

Es reicht auch nicht, wenn Einzelne sich in diesem Sinne ändern und Verantwortung für die Entwicklung eines Unternehmens, für neue Produkte und Geschäftsmodelle und das Entstehen einer Höchstleistungsorganisation übernehmen. Diese Transformation muss viele erfassen. Es geht um den Einzelnen und um Gemeinsamkeit. Es geht nicht primär um Wohlfühlen (das wird dabei meist auch noch als Benefit abfallen), sondern um eine um Größenordnungen höhere Leistungsfähigkeit der gesamten Organisation. Sprechen wir es ruhig aus: Es geht um die Transformation des sozialen Systems, die Art der Zusammenarbeit, wie wir Verantwortung übernehmen, wie wir kommunizieren, wie wir Sinn für unser tägliches Tun entfalten, wie wir uns neuen Herausforderungen stellen und wie wir uns selbst führen. Sie haben richtig gelesen. Wie wir uns selbst führen und nicht, wie wir von einem eingesetzten Vorgesetzten geführt werden. Transformation ist eine Herausforderung an die gesamte Organisation, eine Gemeinschaftsaufgabe. Nicht ein schlauer Vorgesetzter oder Berater kann das managen. Er kann die Bedingungen dafür schaffen, Vorbild sein, seinen Mitarbeitern Möglichkeiten einräumen, sie unterstützen, aber die Transformation muss die ganze Truppe gemeinsam bewältigen. Von sich aus, aus freiem Willen, Einsicht und Lust an Leistung. Das ist das Neue daran und der Unterschied zum üblichen Changemanagement. Dort managed jemand den Change, von oben herab, aus der angeblichen Position des Wissenden. Transformation dagegen geschieht von innen heraus. Transformationsmanagement - wenn wir diesen Begriff wirklich so verwenden wollen - bedeutet, dafür zu sorgen, dass Transformation geschieht. Es bedeutet nicht, sie zu machen.

Lektüre zum Thema: 

 

P.S. Ich hoffe nur, dass der Begriff der Transformation nicht wieder verwässert wird durch Leute, die genau diese inhaltliche Besonderheit, die Essenz und die Prinzipien von Transformation nicht verstehen, sondern wieder nach Werkzeugen und Verfahren suchen, die sie schematisch anwenden können. So geschehen mit Changemanagement und zuletzt allen agilen Methoden.