Warum die Thais so einen guten Service machen

Ich bin gerade in Thailand und mache dort mit meiner Frau Urlaub. Gleichzeitig nutze ich Urlaubsreisen immer auch als Studienreisen, indem ich die verschiedenen interessanten Beobachtungen und Erlebnisse in Relation zu Themen setze, die mich beruflich beschäftigen. So wird mir nicht langweilig, ich bleibe in der Übung und verbinde das Schöne mit dem Nützlichen. Allerdings – und es ist mir wichtig, das zu betonen (!) – mache ich meine Urlaubsreisen niemals steuerlich geltend, denn das Vergnügen überwiegt.

In Thailand trifft man allerorten auf Massagesalons. Für die Uneingeweihten: Thaimassage hat absolut nichts mit Erotik zu tun, sondern ist anstrengend und teilweise äußerst schmerzhaft. Aber man fühlt sich danach wie neugeboren. Also, besagte Massagesalons befinden sich meist zu mehreren nebeneinander und die Frauen mustern die Vorbeigehenden sehr aufmerksam und strahlen einen fröhlich lächelnd an. Hin und wieder wird man auch aktiv eingeladen, aber niemals aufdringlich. Entscheidet man sich dann und folgt einem solchen Angebot, wird man mit ausgesuchter Höflichkeit behandelt. Der Umgang ist freundlich bis fröhlich und stets professionell. Eine sehr gute Dienstleistung, bei der man sich als Kunde wohlfühlt und bei Gelegenheit auch gerne wiederkommt. Und die Frauen scheinen auch Spaß an der Arbeit zu haben, zumindest schien uns das so. Jedenfalls haben wir alle zusammen viel gelacht und uns trotz ihres rudimentären Englischs gut verstanden.

Als unerfahrener Thailandreisender glaubt man, dass die Thai von Natur aus so freundlich und serviceorientiert sind, zumal die gleiche Grundhaltung auch in Restaurants und bei vielen anderen Gelegenheiten zu beobachten ist. Das mag sicherlich auch zutreffen und mit der dortigen Kultur zu tun haben. Es gibt aber noch einen anderen Grund für dieses für Kunden ausgesprochen angenehme Verhalten, den ich erst bei einer anderen Gelegenheit im Verlaufe unserer Reise herausgefunden habe. Wir waren nämlich auch einige Tage in einem Ressort an der Küste. Sie wissen schon: Abgeschieden irgendwo am Meer, luxuriös und hochpreisig. Auch dort gab es einen Massagesalon, der natürlich SPA hieß. Als wir die Räumlichkeit zum ersten Mal betraten, schauten die Damen überhaupt nicht von ihren Bildschirmen hoch. Sie waren beschäftigt und wir mussten uns erst aktiv bemerkbar machen, ehe uns eine eher maskenhafte Aufmerksamkeit zuteil wurde. Die Behandlung selbst war keinesfalls besser als in den Massagesalons an der Straße, nur kostete sie das Mehrfache. Auf jeden Fall aber ging es dort bei Weitem nicht so fröhlich zu.

Zuerst dachte ich, diese völlig andere Atmosphäre hätte mit mir zu tun oder vielleicht mit den anderen Gästen im Ressort. Bis mir der Unterschied auffiel. Hier fehlte etwas ganz Entscheidendes, nämlich der Wettbewerb. Wir als Kunden hatten ja keine Alternative. Ich fühlte mich ein bisschen an die Situationen erinnert, wenn man früher eine DDR-Gaststätte betrat. Auch dort musste man sich, mangels Alternative, als Bittsteller verhalten und wurde eben mal so bedient. Die Massagesalons auf der Straße dagegen können sich unfreundliches Verhalten nicht leisten, dann geht der Kunde nämlich zum nächsten. Auf der Straße herrscht Wettbewerb und der ist entscheidend für Servicekultur, für Leistungskultur überhaupt. 

Wettbewerb ist also prägend für menschliches Verhalten. Denken Sie daran, wenn Sie Ihre Firma oder Ihren Verantwortungsbereich organisieren. Sorgen Sie für Wettbewerb. Das wichtigste am Wettbewerb ist, dass es Gewinner und Verlierer gibt. Wobei die Möglichkeit des Scheiterns mindestens genauso wichtig ist, wie die des Gewinnens. Die Kunst bei einem innerbetrieblichen Wettbewerb besteht darin, beide Möglichkeiten in ein wirkungsvolles Verhältnis zueinander zu bringen. Nur zu scheitern und immer zu verlieren ist demotivierend. Immer zu gewinnen oder unangemessen hohe Prämien werden zur Gewohnheit und sind ebenfalls kein wirkungsvoller Anreiz, sondern befördern Anspruchshaltungen. Viele der immer noch gebräuchlichen Zielvereinbarungssysteme in Unternehmen sind wirkungslos, weil sie genau diesen Gesichtspunkten zu wenig Rechnung tragen. Wenn man sich diese einmal genauer anschaut, stellt man schnell fest, dass es intelligenter geht und viel mehr in puncto Arbeitsatmosphäre, Leistungsbereitschaft und Freude an der Arbeit herauszuholen ist. 

Und so bin ich mitten in Thailand wieder auf meine wichtigsten beruflichen Themen gestoßen – die Motivation der Mitarbeiter und die Schaffung intelligenter Bedingungen, unter denen Leistung und leistungsgerechtes Verhalten unausweichlich werden und außerdem noch Spaß erzeugen.