Wie man das Kommunikationschaos ordnen kann

Im letzten Infobrief habe ich das Konzept Fuzzy Communication vorgestellt. Es trägt – kurz gesagt – der Tatsache Rechnung, dass die Kommunikation innerhalb und zwischen Organisationen hochkomplex und deshalb nicht beherrschbar ist. Es sind viele Akteure im Spiel, mit unterschiedlichsten und teils verdeckten Interessen. Themen und Interpretationen variieren ständig. Zuverlässige Voraussagen über das Resultat von Kommunikation sind nicht möglich. Wer über Fuzzy Communication noch einmal nachlesen möchte – hier ist der Link.

Nun ist es natürlich schon mal gut zu wissen, warum etwas nicht funktioniert. Aber im täglichen Leben, wenn wir Menschen und Organisationen führen, Kunden erreichen und Botschaften verbreiten wollen, ist das nicht wirklich hilfreich. In der Vergangenheit, als man sich mit den Besonderheiten komplexer Systeme und Situationen noch nicht so besonders auskannte, versuchte man der Situation mittels Analyse und Definition Herr zu werden. Die Informationsflüsse wurden analysiert, Schnittstellen definiert, Kommunikationsinhalte und Kommunikationsregeln festgelegt und schließlich die Kommunikationsbeteiligten, also die Mitarbeiter und Führungskräfte trainiert, sich definitions- und regelgerecht zu verhalten. Auch heute wird oft noch nach diesem Schema gearbeitet – man nennt das Kommunikationsmanagement. Das Ergebnis ist immer das Gleiche:

Viel Aufwand und wenig Effekt! 

Bestenfalls werden die Regeln eingehalten, aber die Kommunikation und ihre Ergebnisse werden nicht wirklich besser. Das liegt daran, dass man versucht, etwas zu managen, also zu regeln und diese Regeln dann konsequent anzuwenden, was sich nicht managen lässt. Komplexe Systeme (vielleicht gefällt der drastische Begriff Chaos besser?) lassen sich nicht „beherrschen“.

Aber keine Bange, wir sind dem Kommunikationsfeld – ich habe diesen Begriff erstmalig im Zusammenhang mit dem Konzept Fuzzy Communication verwendet – nicht hilflos ausgeliefert. Wir können in den Kommunikationsfeldern, die sich innerhalb und zwischen Organisationen aufbauen, bestimmte Wirkungen verstärken und andere abschwächen, Kommunikationsrichtung und Kommunikationsergebnisse beeinflussen – nicht „bestimmen“. Wir können Kommunikation im Sinne eines bestimmten Ziels „besser“ machen, auch wenn wir dieses Ziel niemals zu 100 Prozent erreichen werden.

Wir benötigen dazu zwei Dinge:

Erstens eine Systematik, die uns trotz des mitunter herrschenden Durcheinanders die Orientierung ermöglicht. Mit diesem Stakeholder Mapping orten wir bestimmte Cluster im Kommunikationsfeld und ordnen diese nach Themen und Akteuren. Es entstehen qualitative Übersichten, über welche Themen von wem bei welchen Gelegenheiten kommuniziert wird oder werden könnte, ohne die tatsächlichen Inhalte oder gar die persönliche Art und Weise der Kommunikation ermitteln zu wollen.

Zweitens benötigen wir Bewusste Kommunikatoren. Während das Stakeholder Mapping die Akteure benennt, setzen wir hier darauf, dass „unsere Akteure“, also unsere im Kommunikationsfeld aktiven Führungskräfte und Mitarbeiter sich über ihre Rolle im Klaren sind. Sie brauchen ein Bild über das Kommunikationsfeld und seine Inhalte und Akteure, sie müssen die Botschaften, die sie vermitteln wollen, verinnerlichen und über eine einigermaßen konsistente Informationsbasis verfügen. All das kann man den involvierten Führungskräften und Mitarbeitern nicht einimpfen, aber sie entwickeln es in dem Moment, in dem sie sich mit dem Kommunikationsfeld auseinandersetzen. Bereits beim Stakeholder Mapping entsteht bei den Beteiligten ein Bewusstsein über das, was sie in diesem Feld tun, welche Wirkungen das hat und welche Defizite es gibt. Und in dem gleichen Moment beginnen die Menschen, ihr Kommunikationsverhalten stärker in den Fokus zu nehmen und es zu verbessern. Sie tauschen untereinander Erfahrungen aus, unterstützen sich und verbessern ihre Wirkung im Kommunikationsfeld – einfach weil sie bewusster kommunizieren.

Manch ein Leser mag an dieser Stelle skeptisch fragen, wieso das so einfach sein soll. Aber es ist nun einmal so, dass man komplexen Fragestellungen nur mit Einfachheit wirkungsvoll begegnen kann. Denn im Gegensatz zur landläufigen Meinung beruht Komplexität nicht auf Kompliziertheit, sondern auf einfachen Mustern, die durch ihre Wechselwirkungen miteinander allerdings häufig für Verwirrung sorgen. Ich kann Ihnen jedenfalls Beispiele bringen, bei denen die Kommunikation innerhalb und zwischen Organisationen durch Stakeholder Mapping und Bewusste Kommunikatoren signifikant verbessert wurde.